Sonntag, 6. Februar 2011

Rezension: Fausto

Fausto
Oliver Dierssen
Verlag: Heyne
446 Seiten
Genre: Jugendbuch
Sprache: Deutsch



Rezension PiMi:
Joschel Fittich ist 14 Jahre alt. Er lebt zusammen mit seiner Mutter Hanne in Hannover.
Hanne ist, wie Mütter für 14 Jährige Jungs meist sind, ziemlich nervig.
Und Joschel, ja Joschel ist wie fast alle 14 Jährigen mit den ganz normalen Problemen eines Teenies konfrontiert. Die Schule, die Pickel, die Freunde, die Mädchen.
Nur das Joschel nicht wirklich gut in der Schule ist, ziemlich fiese Pickel hat, die jedes Unheil voraussagen können, auf Grund seiner vielen Umzüge nicht wirklich Freunde hat und naja mit den Mädchen ist das auch so eine Sache, dann da gibt es Canan aber wie bekommt man das schönste Mädchen der 9c?
Und dann bekommt Joschel diesen Monster-Pickel seitlich auf seiner Nasenspitze und mit ihm kommt Fausto.
Fausto Flamingo Esteban de Rioja, Bücherdämon, ernährt sich von „kaputtesten, fehlerlichsten Falschschreibwörtern“ und davon gibt es in Joschels Schultasche mehr als genug.
Als Wiedergutmachung, dass Fausto ohne zu Fragen Joschels Hausaufgaben gefressen hat, muss der ihm neue Hausaufgaben schreiben, so sagt es der Dämonenkodex, und diese Hausaufgabe sorgt für ziemlich viel Wirbel. Denn Joschel Fittich, der normalerweise eher zu den schlechteren Schülern gehört ist auf einmal Klassenbester und wird sogar als hochbegabt eingestuft.
Das freut nicht nur Joschels Lehrer, sondern auch seine Mutter Hanne, die anfängt Unmengen Hirsegerichte zu servieren um Joschels Leistungsfähigkeit zu steigern und Heiko Fittich, Joschels Vater, der sich nie blicken lässt, sich einfach aus dem Staub gemacht hat und Joschel und Hanne sitzen gelassen hat.
Und auch Canan und Joschel kommen sich durch diesen Umstand näher.
Fausto ist also zunächst, das Beste was Joschel passieren konnte, aber der Teufel ist ein Eichhörnchen und so schliddert Joschel von einer Lüge zur Nächsten und gerät mit Fausto und Canan in eine äußerst gefährliche Situation.
Denn nicht alle in der Schule sind mit Joschels plötzlicher Hochbegabung einverstanden und wittern faule Tricks und Fausto scheint nicht das einzige seltsame Wesen zu sein, dem Joschel begegnen soll.

Oliver Dierssen hat einen außergewöhnlichen Schreibstil, witzig, locker und immer mit einer Priese Ironie behaftet. Mit viel Liebe zum Detail beschreibt er die Figuren im Buch, z.B. Hanne, die auf nachhaltige Ernährung achtet, Lachyoga betreibt, auf Offenheit in der Erziehung und vor allem auf die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen besteht. Dabei vergisst Dierssen nicht zu erwähnen, dass Hanne ihre Wäsche mit indischen Waschnüssen wäscht und gegen den Castor-transport demonstriert.

Er beschreibt Joschel, den Teenie, der nach einem Pony benannt wurde, dass seine Mutter früher immer gestreichelt hat oder nach dem Dichter Joseph Conrad den sein Vater so bewunderte, ganz genau weiß er das nicht.
Joschel, der Hannes Frauenzeitschriften die überall in der Wohnung verteilt sind liest und der in ein Mädchen namens Canan verliebt ist.
Joschel der eigentlich gar nichts gegen die deutsche Rechtschreibung hat, nein die deutsche Rechtschreibung hat etwas gegen ihn.
Z.B. der feige Buchstabe H. Wo ist der Unterschied zwischen Aufnahme und Vorname? Warum wird das eine mit und das andere ohne h geschrieben?
Und obwohl Joschel es nicht wirklich wahrhaben will, vermisst er seinen Vater und würde alles dafür tun um ihn glücklich zu machen.

Auch Fausto muss man einfach ins Herz schließen.
Er spricht von sich in der dritten Person und obwohl er ja ein Dämon ist, hat er so gar keine dämonischen Züge, er ist hilfsbereit, höflich und auch ein bisschen ängstlich.
Ich mag diesen verfressenen kleinen Kerl mit dem Horn und den roten Augen, der sich in einen Tintenfleck verwandelt wenn er nicht gesehen werden will oder darf.

Das Buch ist auch von der Aufmachung sehr „hübsch“, das Cover ist gestaltet wie ein Schulheft. Es ist bekritzelt, fleckig, enthält sehr viele Rechtschreibfehler, in der Mitte ist es zerrissen und Fausto blickt uns entgegen.
Auch im Inneren des Buches geht es chaotisch weiter, Tintenflecken, Schulheftausschnitte und Zeichnungen von Joschel begleiten den Leser. Zeichnungen von Hirsekolben, Pickeln und von Fausto.
Einfach herrlich, krakelig und erfrischend.

Fazit:
Das Buch ist im Gegensatz zu Fledermausland, dem Debütroman von Oliver Dierssen, ein Jugendbuch und trotz Bücherdämon etwas weniger abgedreht als sein Erstlingswerk.
Trotzdem ist es sehr unterhaltsam, auch wenn man wie ich weit über dem Alter der Zielgruppe liegt. Man wird automatisch wieder in die alte Schule katapultiert, mit Hausmeister, Kiosk, Chemieraum und Schulklos und an die gute alte Zeit erinnert, in der man einen Fausto in der Tasche manchmal gut gebraucht hätte.

Sehr gut [das Buch ist absolut spitze; Lesen, Lesen, Lesen]

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